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    Es ist letztlich die Passion - Von der Lust auf Leistung

    Von Eugen Eckert, Stadionpfarrer in der Frankfurter Commerzbank-Arena und Referent der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Kirche und Sport. Musiker in der Band HABAKUK.

    © Wikimedia Commons NicolaKristina Vogel mit Gold

    Kristina Vogel ist zweifache Olympiasiegerin im Bahnradfahren, zuletzt in Rio. In einem Videobeitrag zum 50. Geburtstag der Deutschen Sporthilfe aber erzählt sie zuerst, vor allem froh zu sein, überhaupt noch zu leben. Am 20. Mai 2009 hatte sie beim Straßentraining ein Zivilfahrzeug der Thüringer Polizei erfasst. Schwerste Verletzungen waren die Folge. Zwei Tage lag sie im Koma. Fast wäre sie gestorben. Doch nach vier Wochen im Krankenhaus, einer Fülle von Operationen und einer langen Zeit in der Reha war ihr Ziel nicht nur, zurück ins Leben zu kommen. Sie hatte sich auch vorgenommen, sich in ihrer Disziplin zurück an die Weltspitze zu kämpfen. Warum solche Anstrengung? Ihre Antwort klingt ganz einfach: Weil sie es einfach wollte. Weil sie es sich selbst und der Welt zeigen wollte. Die Goldmedaille 2016 war für die erste deutsche Olympiasiegerin im Bahnrad-Sprint die Belohnung für ihren eisernen Willen und eine Krönung ihres fast schon verlorenen Lebens.

    Wenn ich nach dem Thema „Lust auf Leistung“ gefragt werde, richtet sich mein Blick hin zum Breiten- und zum Leistungssport, denn ich arbeite als Frankfurter Stadionpfarrer und EKD-Referent für „Kirche und Sport“. Und ich überlege: Warum treiben Menschen Sport? Was treibt sie an, sich an sich selbst und mit anderen zu messen? Bälle in Tore zu versenken, um sie dann wieder herauszuholen, Gewichte zu stemmen, um sie dann wieder fallenzulassen,  Geräte durch die Luft zu schleudern, um sie wieder zurückzuholen? Und was reizt sie bis ins Extreme, dass  sie sich von Klippen stürzen oder zum Nordpol laufen?

    © iStock 36clicks

    Auf solches Fragen antwortet Sabine Spitz, Olympiasiegerin in Peking 2008 im Mountainbike: Es ist letztlich die Passion, es ist die Leidenschaft in mir selbst, die mich immer wieder neu motiviert, auch Rückschlägen und Verletzungen zum Trotz. Dabei kennt die Dritte der Mountainbike-Marathon-Weltmeisterschaft 2015, die sich im Verband für Mädchen- und Frauenarbeit der Erzdiözese Freiburg für benachteiligte Jugendliche engagiert, die Momente des Selbstzweifels und des sich Hinterfragens. Bislang aber haben sie solche Krisen nur zur Erkenntnis gebracht: „Mensch, du machst, was dir Spaß macht, wofür du Herzblut hast“. Und Andreas Kuffner, Olympiasieger mit dem Deutschland-Achter, hat nicht vergessen, was ihn 2015 nach wiederholtem Bandscheibenvorfall doch motiviert hat, nicht aufzugeben: „Es ging um das Gefühl, noch mal auf dem Podest zustehen, seine Ziele zu erreichen“[1].

    Sich etwas vorzunehmen, sich etwas abzuverlangen, sich an einer Aufgabe zu messen, auch im Vergleich mit anderen, die eigenen Möglichkeiten und auch die eigenen Grenzen auszutesten, das sind wesentliche Motive für die eigene Leistungsbereitschaft, weit über den Sport hinaus.

    Das Besondere am Sport aber ist, dass er einerseits die menschliche Leistungsbereitschaft anerkennt und die den Sieg wünschende Auseinandersetzung mit einem Gegner, der auch um den Sieg kämpft.  Andererseits aber setzt der Sport voraus, „dass wir Menschen bei allem Kampf- und Siegeswillen in der Lage sind, den Gegner im Wettkampf nicht zu zerstören, ihm nicht an die Ehre, Gesundheit und persönliche Integrität zu gehen“[2]. Darum hat sich der Sport Regeln gegeben, an die sich alle halten müssen, die am Wettkampf beteiligt sind. Wer diese Regeln verletzt, muss mit Strafen rechnen.

    Dass Gegner im Sport nach dem Wettkampf zu Freunden werden können, erzählt Ronald Reinke, Olympiasieger im Kanu 2004. Im allerletzten Rennen seiner Karriere in Rio hatte er zunächst angenommen, Vierter zu sein. Dann aber war es doch Bronze.  Als seine Gegner, die wussten, wie sehr er sich eine Medaille zum Schluss gewünscht hatte, das realisierten, kehrten sie zu ihm zurück. „Sie haben mir alle gratuliert und weinend mit mir auf dem Steg gelegen“.

    © iStock pgiam

    Über jedem Willen zur Leistung steht im sportlichen Wettkampf der Gedanke des Fairplays. Dass dieser immer wieder unterlaufen wird, besonders dort, wo es um viel Geld geht, widerlegt ihn nicht. Für seine Nachfolger nennt Jesus am  Ende der Bergpredigt  sogar einen  Maßstab für das Fairplay, die so genannte „Goldene Regel“. Sie lautet: „Alles, was ihr wollt, das euch die Leute tun, das sollt auch ihr ihnen tun“ (Mt 7,12). Auf der Grundlage des FairPlays und der Goldenen Regel ist die Lust auf Leistung völlig legitim. Sie hat mit meinen Interessen zu tun und mit meiner Leidenschaft. Mit dem, was ich kann, versuche ich das beste Ergebnis zu erzielen. Das aber geschieht nicht um jeden Preis, sondern in Anerkennung des Könnens und der Würde meiner Mitbewerber.    

     


    [1] Weil ich rudere, ist mein Vater noch am Leben, Berliner Morgenpost, Dietmar Wenck, 31.12.2016

    [2] Die goldene Regel, Peter Steinacker, in: Eugen Eckert, Der Heilige Geist ist keine Schwalbe – Gott, Fußball und andere wichtige Dinge, Kösel-Verlag, München 2014, S. 186

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